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La Chassagnette

Read Time: 3 min   ·   13. Mai 2021

Weiße Pferde, schwarze Stiere und rosa Flamingos kommen einen in den Sinn, wenn man gedanklich in die sumpfige Region des Rhône Deltas schweift.

Weniger assoziiert man damit ein Fine-Dining Erlebnis in einem Restaurant, welches sich inmitten der kargen Landschaft der Camargue sein Domizil geschaffen hat.

Keine zwanzig Minuten von der wunderschönen Stadt Arles entfernt, liegt, versteckt am Rande einer im Nirgendwo befindenden Straße, das ‚Chassagnette‘.

Der ehemalige Bauernhof offeriert seinen Gästen ein eindrucksvolles Naturspektakel und führt diese, bevor sie in den Genuss eines mehrgängigen Menüs kommen, durch den labyrinthischen Obst- und Gemüsegarten, auf den man in hiesigen Gefilden bestimmt kein weiteres Mal stößt.

Man erkundet entspannt die Rohversion dessen, was im Anschluss auf edlem Geschirr präsentiert und Gott Lob verspeist wird.

Der hohe Salzgehalt des Bodens stellt beim Anbau eine enorme Herausforderung dar, so die Auskunft der erfahrenen Gärtner. Es ist daher nicht verwunderlich, dass hier bevorzugt in freier Natur experimentiert wird und weniger in der Küche des Sternenhimmels.

Das alte Bauernhaus ist eine Hommage an die Natur, in welche es eingebunden ist

Die Sortenvielfalt ist genauso beachtlich wie das Areal, in dem es wächst und gedeiht. Die Blumen und Pflanzen bieten darüber hinaus einen farbenfrohen und duftenden Rahmen und animieren weiter umherzugehen und Neues zu entdecken.

Die Essenz eines jeden Gerichts findet somit ihren Ursprung direkt vor der eigenen Türe. Der Spaziergang zum Auftakt stimmt bei Dämmerung auf einen kulinarischen Abend der Extraklasse ein.

Der französische Stil verleiht dem Restaurant seinen Charme. Lediglich die Laternen japanischer Herkunft, auf der von Platanen und Wein beschatteten Terrasse, tanzen hier aus der Reihe, ohne dabei befremdlich zu wirken.

Ganz im Gegenteil: Das Strohdach, durch welches warmes Licht der Abendsonne dringt und auf die rustikalen Holztische fällt, versprüht wohltuendes Ambiente.

Das aufmerksame Personal geleitet durch die eleganten und von Gemütlichkeit geprägten Räumlichkeiten, um auf der anderen Seite erneut in freier Natur auf den romantisch gedeckten Tisch zu verweisen.

Eine Kulisse, die perfekter nicht sein könnte, um einem mehrstündigen Gaumenspiel seine volle Aufmerksamkeit zu widmen.

Die Konstruktion eines Moskitonetzes, welches so fein ist, dass es nahezu nicht ersichtlich erscheint, ermöglicht einen Abend, der von lästigen Blutsaugern nicht gestört werden soll. Die mächtigen Bäume zwischen den einzelnen Tischen kreieren eine entspannte Atmosphäre und sorgen dafür, nicht abgelenkt zu werden.

So abgelegen das Chassagnette auch sein mag, zieht es dennoch eine Schar an Feinschmeckern herbei.

Der Mastermind am Herd Armand Arnal kocht mit seiner innovativen Küche seit 2009 auf Sterne-Niveau. Die Expertise durch sein Team an fachkundigen Gärtnern und der Ideenreichtum in der Umsetzung geschmacksexplosiver Gerichte sind der Erfolg für seine intuitiven Kochkreationen.

Armand lässt sich von Anbeginn an von den Schätzen der Natur inspirieren und findet eine feinsinnige Ausgewogenheit der Makronährstoffe.

Das Chassagnette möchte weder als glutenfreies noch als vegetarisches Lokal bezeichnet werden, da dies immer mit Verzicht zu tun hat – dies würde nicht der Ideologie des Chefkochs entsprechen. Proteine wie Fleisch und Fisch bleiben dennoch die Beilage und geben dem ‚Gemüse‘ die große Bühne.

Man möchte lediglich Zutaten der Umgebung und aus eigenem Anbau zum Einsatz bringen.

Ferne Länder und deren Sitten und Gebräuche zu erforschen, ist ein Privileg

Alexandra Gattereder

Die Leidenschaft für hochwertige Produkte spiegelt sich in jeder Faser der zu Kunstwerken verwandelten biologischen Lebensmittel wider.

Mal kommen Komponenten aus dem heimischen Garten mehr zur Geltung, mal jene mit animalischer Note. Das Geheimnis der raffinierten Zubereitung aus einfachen Ingredienzien kann nur ein geschulter Gaumen lüften und selbst wenn nicht, tut es dem Geschmackserlebnis keinen Abbruch.

Die einzelnen Gänge werden durch kleine, für den nächsten Akt abgestimmten Zwischengänge ergänzt und schicken deren Verkoster, begleitet von edlen Tropfen, auf eine spannende kulinarische Reise

Die hierbei gesammelten Erfahrungen werden sorgsam im Geiste gebündelt und warten auf die Chance, sich irgendwann entfalten zu dürfen.

Diese Erkenntnis machte sich auch Armand zunutze, um all sein Wissen auf seinen Tellern zu vereinen.

Die wesentlichen Attribute seiner Küche sind harmonisch, großzügig und ehrlich und seine wichtigsten Zutaten sind Fenchel, Mangold, Tomate und Ananassalbei.

Man könnte meinen: Das Geheimnis des Erfolgs des Chassagnettes.

(ALX) FAZIT

Eine Gegend mit einer ganz besonderen Energie, wie es schon Vincent Van Gogh feststellen durfte. Das magische Tageslicht zwingt förmlich, etwas zu bewegen.

Ein Koch, der bei der Entwicklung von Weltraumnahrung mitwirkte und schlussendlich bei jungem Gemüse gelandet ist.